Social Device“ Spezialinterview

Die Inhalte wurden von August 2017 bis Februar 2018 auf "Nikkei Technology Online", der Website zur Informationstechnik von Nikkei Business Publications, Inc. veröffentlicht und mit Erlaubnis des Autors nachgedruckt.

* Die Informationen zu institutioneller Zugehörigkeit und akademischen Titeln sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wahrhaftig und genau.

Das IdD leistet Pionierarbeit für eine neue Ära in der Fertigungstechnik:
Innovative Technologien beschleunigen die Verschmelzung von Automatisierung und Informationen.

Bei der Übernahme innovativer neuer Technologien in der Fertigung, die auf dem Konzept des Internets der Dinge (idD) basieren, sind die Industrienationen führend. Die Bewegung trägt den aussagekräftigen Spitznamen „Vierte industrielle Revolution“, und hat das Potenzial nicht nur den Bereich Fertigung, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes erheblich zu beeinflussen. Sven Goldstein, Produktmanager TwinCAT, Connectivity IoT bei Beckhoff Automation GmbH & Co. KG in Deutschland, ist im Bereich IoT (idD) tätig. Er hat mit Takaya Nagahata, Group General Manager, Optical Module Production Headquarters bei ROHM Co. Ltd. in Japan gesprochen. Takaya Nagahata ist im Bereich Sensortechnik beschäftigt, der Kerntechnologie des IdD. Diskutiert wurden neue Trends in der Fertigung und Herausforderungen bei der Einführung der IdD-Infrastruktur in der Fertigungsindustrie.

Nagahata

Die Konzepte des IdD erfassen nach und nach alle Bereiche, aber ich denke, dass die Auswirkungen momentan im Fertigungsbereich am deutlichsten zu spüren sind. International wurde eine Reihe an Projekten ins Leben gerufen, angefangen zum Beispiel bei Industrie 4.0, das unter dem gleichen Namen als Projekt der deutschen Bundesregierung begann und sich mittlerweile zum nationalen Projekt entwickelt hat. Alle diese Projekte positionieren das IdD als zentrales Element bei der Innovation der Fertigungstechnik. ROHM verfolgt als Hersteller von Halbleitern die IdD-Trends in der Fertigungsindustrie ebenfalls sehr genau. Wird das IdD flächendeckend eingeführt, so bedeutet das auch für Halbleitergeräte im industriellen Bereich neue Anforderungen.

ROHM wurde im Jahr 1958 als Hersteller elektronischer Kleinkomponenten gegründet. Gegen Ende der 1960er Jahre positionierte sich das Unternehmen auf dem Halbleitermarkt. Zunächst hatten wir uns auf die Fertigung von Komponenten für die Unterhaltungselektronik konzentriert, in letzter Zeit war jedoch ein starker Umsatzanstieg in der Automobilindustrie und im Maschinen- und Anlagenbau zu verzeichnen. Mein eigenes Tätigkeitsfeld umfasst die Entwicklung von Sensorlösungen, die bei der Einführung des IdD eine zentrale Rolle spielen.

Das Unternehmen Beckhoff Automation bietet eine große Auswahl an Produkten und Technologien für die Fertigungsindustrie. Könnten Sie etwas näher erklären, wie Sie das IdD nutzen?

Goldstein

Nachdem unsere Gründung im Jahr 1980 erfolgte, haben wir viele Produkte und Lösungen entwickelt, die auf unserer PC-basierten Steuertechnik aufgebaut sind. Wir bieten unter anderem Industrie-PCs (IPCs), Treiber, I/O (Input/Output)-Geräte und automatische Steuerungssoftware, die hauptsächlich in Produktionssystemen, Automatisierungseinrichtungen und in der Gebäudeautomation genutzt wird. Unsere Unternehmenszentrale befindet sich in Verl in Nordrhein-Westfalen in Nordwestdeutschland. An diesem Standort sind auch unsere Werke gelegen, in denen unsere Hauptprodukte gefertigt werden (Abbildung 1). Bei uns wurde EtherCAT entwickelt, die Technologie mit offenen Protokollen, die in internationalen Standards genormt wurde und von führenden Herstellern im Bereich Fertigungsautomation („Factory Automation“, kurz FA) und Industriemaschinen weltweit genutzt wird. Es erregte Aufmerksamkeit in den Medien, als der japanische Automobilhersteller Toyota Motor Corporation im Frühjahr 2016 bekannt gab, dass das Unternehmen sich zur Einführung des IoT in seinen Werken für EtherCAT P entschieden hatte, der neuesten Version von EtherCAT.

Abb. 1: Leiterplatten-Bestückung im Werk von Beckhoff Automation
Abb. 1: Leiterplatten-Bestückung im Werk von Beckhoff Automation

Ich selbst arbeite mit TwinCAT, das steht für „The Windows Control“ und „Automation Technology“. TwinCAT ist unsere Steuerungssoftware für Automatisierungstechnik und umfasst eine Reihe an technischen Ressourcen, einschließlich speicherprogrammierbarer Steuerung (SPS), numerischer Steuerung („Numerical Control“, kurz NC) und programmierbarer Umgebungen. Ich habe insbesondere damit zu tun, die Konnektivität zu Produkten anderer Anbieter oder zu anderen Systemen sicherzustellen. Dazu gehört auch die Cloud.

Ein Hauptcharakteristikum des Unternehmens Beckhoff Automation ist die Bereitstellung PC-basierter Steuerungslösungen. Ich denke, dass das eine sehr effiziente Möglichkeit ist, die Einführung des IoT zu fördern, und gleichzeitig für Wachstum in unserem Unternehmen zu sorgen. PC-basierte Steuerungslösungen bieten enorme Flexibilität und vereinfachen die Konnektivität zu IoT-kompatiblen Anlagen und Geräten erheblich.

Nagahata

Eine steigende Anzahl an japanischen Unternehmen sind ebenfalls sehr interessiert am IdD. Ungefähr seit dem Jahr 2014, als die sogenannte „Vierte industrielle Revolution“ begann, wächst das Interesse an der Einführung des IdD unter japanischen Herstellern permanent weiter. Viele Unternehmen hatten bis jetzt lediglich Informationen gesammelt und das Potenzial zur Einführung der Technologie untersucht, oder auch ein Unternehmen in diesem Geschäftsbereich gestartet. Seit kurzem setzen die Unternehmen in ihren Fertigungseinrichtungen jedoch aktiv Systeme ein, die auf dem IdD basieren. Dieser Entwicklung liegt eine zunehmenden Knappheit an jüngeren Mitarbeitern und der daraus resultierende Bedarf sicherzustellen, dass internes Wissen weitergegeben wird, zugrunde.

Goldstein

Ich denke, dass wir die aktuellsten IoT-Trends in der Fertigungstechnik als eine Verschmelzung von Automatisierungstechnik (AT) und Informationstechnik (IT) zusammenfassen können. Der Trend begann vor ungefähr 20 Jahren, als wir unseren Kunden die ersten PC-basierten Lösungen anboten. Mit PC-basierten Lösungen wurde es wesentlich einfacher Systeme zu konstruieren, die Daten aus Produktionsanlagen und Geräten sammeln konnten. Viele Unternehmen begannen, diese Daten effizient zu nutzen, um das Fertigungsmanagement zu erweitern oder zu optimieren. Das ist eindeutig eine der herkömmlichen Methoden zur Nutzung von IoT in der Fertigungstechnik, und sie wurde schon vor vielen Jahren in der Praxis eingesetzt.

Zu dieser Zeit lag der Fokus allerdings auf der Optimierung der Parameter, um die gesammelten Daten analysieren zu können, und eines der größten dabei auftretenden Probleme war die Frage nach Speicherkapazitäten für derart enorme Datenmengen. Für die Datenanalyse und zum Extrahieren nützlicher Informationen ist effiziente Datenspeicherung unerlässlich. Zu dieser Zeit war das Speichern großer Datenmengen jedoch gleichzeitig mit größeren Investitionen verbunden, und daher schreckten viele Unternehmen von der Technologie zurück.

Die grundlegende Lösung für dieses Problem war die Bereitstellung von Cloud-basieren Diensten durch die größeren IT-Anbieter. Das senkte die Beschaffungskosten für IT-Systeme erheblich, mit denen enorm große Datenmengen verwaltet werden konnten. Sogar noch vorteilhafter ist dabei, dass die Cloud auch mit einem Anstieg der Datenmengen problemlos umgehen kann, wenn zum Beispiel neue Produktionssysteme hinzugefügt werden. Da in der Fertigungstechnik vermehrt Cloud-Dienste genutzt werden, wird sich die Verschmelzung von AT und IT weiter beschleunigen.

Nagahata

Wir haben ebenfalls einen Anstieg an Cloud-basierten Diensten zu verzeichnen, genauso wie eine vermehrte Nutzung sogenannter „Big Data“. Die Anfragen von Industriekunden bezüglich der entsprechenden Produkte und Technologien haben deutlich zugenommen.

Ganz klar zeichnet sich momentan der Bedarf nach Sensortechnologie ab, die diverse Analoggrößen des Fertigungsbereichs verarbeiten kann, wie zum Beispiel Temperatur, Druck und Helligkeit. Zusätzlich zu Sensoren bieten wir auch eine breite Palette an Peripheriegeräten, wie Module für die drahtlose Kommunikation, die zum Beispiel die Daten von den Sensoren zu den Servern übertragen. Um die flächendeckende Einführung des IdD zu fördern, kombinieren wir mehrere Technologien und reagieren so auf den Marktbedarf, anstatt sie separat bereitzustellen. Außerdem bieten wir Kunden benutzerfreundliche Komplettlösungen. Zwei Beispiele hierfür sind Sensormodule mit internen Mikrocontrollern und Module, die Wireless-Fähigkeiten mit Sensoren kombinieren.

Abb. 2 Batterieloser Funksensor von EnOcean für Signalsäulen
Abb. 2 Batterieloser Funksensor von EnOcean für Signalsäulen
Leuchtet auf, wenn der erfasste Wert vom Normalwert abweicht. Mit der optischen Energie von der Signalsäule wird das Funksignal übertragen, und es wird ein Alarm angezeigt.

Genau gesagt verkaufen wir Temperatur- und Vibrations-Sensormodule zur Überwachung von Motorenzuständen und Sensoren für Signalsäulen. Sie messen über optische Sensoren die von der Signalsäule angezeigten Betriebszustände von Fertigungsanlagen und Geräten (Abb. 2). Wir haben unsere Lösung zur Überwachung des Maschinenzustands unter Verwendung von Sensormodulen im März 2017 auf der CeBIT in Hannover in Deutschland demonstriert (Abb. 3). Dieses System überwacht die Betriebszustände von Pumpen, die in Fabriken verwendet werden. In die Demo-Einheit wurden insgesamt 11 Sensoren integriert, einschließlich der zwei vorhin erwähnten. Die von den Sensoren erfassten Daten können über ein Gateway auf den Cloud-Server hochgeladen und dort gespeichert werden. Mit diesem System können Betriebszustände verwaltet werden, und es können die für die Fertigungsprozesse optimalen Betriebszustände aufrecht erhalten werden. Hierzu warnt ein Alarmsystem bei anstehenden Störungen, und es werden effiziente Wartungsprogramme für die vorbeugende Wartung unterstützt.

Abb. 3 Demo Überwachungslösung für Maschinenzustand
Abb. 3 Demo Überwachungslösung für Maschinenzustand
Goldstein

Es bietet erhebliche Vorteile für die Fertigungsabläufe, wenn die Daten aus den Überwachungssystemen für die Maschinenzustände und die Daten aus der vorbeugenden Wartung genutzt werden. Dazu gehören auch die Steigerung der Produktionseffizienz und die Senkung des Energiebedarfs. Ich denke, dass alle Werke und Anlagen unabhängig von der jeweiligen Branche solche Lösungen gut gebrauchen können. Tatsächlich entwickelt Beckhoff Automation auch neue Lösungen für die vorbeugende Wartung. Viele Händler bieten jetzt Überwachungssysteme für Maschinenzustände und Lösungen für vorbeugende Wartungssysteme an

Nagahata

Ganz genau. Viele Unternehmen beanspruchen die Vorteile Ihrer eigenen IoT-Lösungen tatsächlich für die vorbeugende Wartung. Jedes Unternehmen hat seine eigene einzigartige Technologie und bringt natürlich seinen eigenen Mehrwert auf den Markt.

ROHM bietet ebenfalls Technologien im Zusammenhang mit IoT, wie zum Beispiel unsere Sensormodule, bei denen Sensoren mit der batterielosen Funktechnik von EnOcean kombiniert werden. EnOcean benötigt nur sehr geringe Mengen an Energie und nutzt für den Betrieb hauptsächlich das Prinzip des „Energy Harvesting“, bei dem Energie aus der Umgebung (optische oder kinetische Energie) in Elektrizität umgewandelt wird. Daher kommt der Sender ohne Netzanschluss oder Batterien aus und es werden einige großartige Lösungen möglich. Weil keine Kabelverbindungen erforderlich sind, können die Sensoren dann sehr einfach zu bestehenden Anlagen und Geräten hinzugefügt werden, was für sehr viel mehr Montagefreiheit sorgt. Und schon allein aus diesem Grund denke ich, dass IoT-Anwendungen in der Zukunft zur Lösung diverser sozialer Probleme erschlossen werden

Goldstein

Die Sensortechnik ist bei der Einführung von IoT-Anwendungssystemen ein unerlässlicher Bestandteil. Bei der Erstellung von IoT-Gesamtlösungen ist Interkonnektivität auf vielen Ebenen erforderlich. Dazu gehören die Dienste, die Anlagen, die Verbindungen und die Geräte. Es gibt jedoch nicht viele Unternehmen, die mit all diesen Ebenen gleichzeitig umgehen können. Ich denke auch, dass wir als Resultat engere Bindungen zwischen Branchen und Unternehmen beobachten können, während sich das ioT flächendeckender verbreitet.

Die Industrienormen, die „gemeinsame Sprache“ zwischen Bereichen oder Branchen, werden eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Standardisierung macht im Bereich industrielle Vernetzung große Fortschritte. Beckhoff Automation unterstützt, entwickelt und fördert OPC Unified Architecture (OPC UA) und EtherCAT als hochleistungsstarkes Feldbussystem bei vielen verschiedenen Produkten, um die Interoperabilität zwischen den Informationssystemen zu erleichtern. Derselbe Standard ist ebenfalls im Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) integriert. Industrienormen und die Verwendung standardisierter Rahmenwerke innerhalb des gesamten Systems werden die Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Bereichen und Branchen beschleunigen und zur Realisierung verschiedenster IoT-Lösungen führen.

Nagahata

ROHM erforscht proaktiv neue Möglichkeiten zur Verschmelzung von Bereichen und Komponenten, um so sein Angebot an IoT-Lösungen zu erweitern. In den vergangenen Jahren haben wir aufgrund unseres Vertriebs von hochintegrierten Schaltkreisen (LSIs) mit vielen Unternehmen und Organisationen zusammengearbeitet. Die gewonnenen Erfahrungen und das Fachwissen nutzen wir, um neue und effiziente Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln und so den Fortschritt im Bereich innovative IoT-Lösungen voranzutreiben.

Vielen Dank für unser heutiges Gespräch.

"Social Device" Special Interview

2017

Was steht nach den Elektroautos als Nächstes in der Automobilbranche an?Wesentliche evolutionäre Entwicklungen in der Antriebstechnologie Effizienzsteigerung ist eine Unternehmensverantwortung,ermöglicht durch die Unterstützung von Ingenieuren und innovativer Technologie Das IdD leistet Pionierarbeit für eine neue Ära in der Fertigungstechnik:Innovative Technologien beschleunigen die Verschmelzung von Automatisierung und Informationen.

The New Society Shaped by Advanced Technology

2015

IoT is Driving a Quiet Revolution in Society Solving Tough Challenges Means Pioneering New Markets IoT Transforms Industry and Daily Life Advances in Sensing Technology Accelerating Adoption

Creating the Society of Tomorrow
The Technology Revolution

2014

Automobiles and Electronics Evolving Together — Transforming Society through a Fusion of Advanced Technologies Evolving into a Low-Consumption, Sustainable Society — Technology for Higher Efficiency and Smaller Solutions Japanese Agriculture Evolving with ICT — Fueled by New Collaborations that Cross Traditional Boundaries

The Technology Creating Tomorrow's World

2013

Social Awareness Rising Together with New Infrastructure TechnologiesEnhancing Energy Management in the Construction Industry Battery-Free Wireless Communication Technology Part of the Solution Medical Electronics Helping to Resolve Global Problems Next-Gen Power Semiconductors Drive the Technology Revolution